Eine der großen Zukunftsaufgaben bedingt sich durch die friedensbedrohliche Dimension des Klimawandels. Er bedroht die Lebensgrundlagen von immer mehr Menschen. Die Ärmeren sind die am ersten und stärksten Betroffenen. Deswegen ist die Energiewende eine Gerechtigkeitsfrage und friedenspolitische Aufgabe, auf die wir national, europäisch und international Antworten finden müssen. Andernfalls drohen weitere Kriege um die Verteilung schwindender Ressourcen.
Immer mehr Staaten rüsten auf. 2018 sind die weltweiten Militärausgaben laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI um 2,6 Prozent auf schätzungsweise 1,64 Billionen Euro gestiegen – dies ist der höchste Wert, seit dem SIPRI 1998 erstmals globale Vergleichsdaten zur Verfügung hatte. Es werden Mini-Atombomben entwickelt, deren Einsatz sich niedriger Hemmschwellen ausgesetzt sieht. Dem INF-Abkommen droht das Aus. All dies macht den friedenspolitischen Handlungsbedarf deutlich. Es bedarf verbindlicher internationaler Regelungen, die neuen Aufrüstungsspiralen entgegenstehen. Nur ein geeintes Europa – eine starke europäische Union – kann gemeinsam mit andern Partnern ein politisches Gewicht für eine weltweite Friedenssicherung sein.
In den 27 EU-Mitgliedsländern (ohne Großbritannien) sind am 26. Mai sind rund 400 Millionen wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger gefragt, das neunte Europaparlament zu wählen. Mein Wunsch ist, dass wir auch zukünftig in einem Europa der Vielfalt und Solidarität leben, in dem das Miteinander die Richtung angibt und nicht blinder und nationalistischer Populismus. Zugleich müssen auch Reformbedarfe erkannt und angegangen werden: Es bedarf einer Stärkung des Europäsichen Parlaments, um die Entscheidungen Europas mehr zu solchen der Bürgerinnen und Bürger und ihrer parlamentarischen Vertreterinnen und Vertreter werden zu lassen. Zur vertiefenden Einheit Europas zählt zudem, seine Vielfalt zu schützen. Marktliberalismus muss sich den Werten Europas unterordnen.
Mehr denn je kommt es auf Europa als Staatenbund für Frieden an. Anknüpfend an das vergangene Jahr hat die SPD Herzogtum Lauenburg daher auch 2019 einen Oster-Friedensmarsch initiiert – dieses Jahr gemeinsam mit weiteren Akteuren. Mit einigen von ihnen haben wir einen Appell verfasst, der verdeutlicht, vor welchen Herausforderungen wir stehen und mit welch gemeinsamen Stärke wir uns für den Frieden – auch als Europäerinnen und Europäer – einsetzen müssen:
Die Krisenherde und kriegerischen Konflikte mehren sich und werden angesichts einer neuen Aufrüstungsspirale zur wachsenden Bedrohung für immer mehr Menschen. Das handelspolitische Zusammenwachsen von Staaten verlangt nach klaren Wertvorstellungen im Umgang mit Rüstungsgütern, die niemals aus wirtschaftspolitischen Gründen exportiert werden dürfen, wenn ihre mutmaßliche Verwendung der Einhaltung internationaler Vereinbarungen und der Menschenrechte widerspricht.
Wir brauchen starke Vereinte Nationen – auch zur weltweiten Friedenssicherung. Für diesen Weg wie auch für die Entwicklung einer europäischen Verteidigungsarmee muss der menschenrechtsbezogene, die Zivilbevölkerung und ihre Infrastruktur schützende sowie friedenssichernde Auftrag als verpflichtende Maxime stehen.
Der technische Fortschritt darf nicht an die Stelle der menschlichen Entscheidung über den Einsatz von Waffen treten, der immer nur auf Grundlage von Völkerrecht und unseren Verfassungswerten erfolgen darf. Autonomen Waffensystemen, die die Entscheidung über Leben und Tod auf Computer und Algorithmen verlagern und auch Atomwaffen, die verstärkt über die Entwicklung kleiner Waffensysteme verfolgt werden, stellen wir uns entschieden entgegen. Wir brauchen neue Verhandlungen über die Ächtung und die Verschrottung von Atomwaffen – mit allen Atomwaffen besitzenden Staaten und auch solchen, die Atomenergie nutzen.
Eine immer größere Bedrohung auch des Friedens und der Menschheit stellt die Vernichtung endlicher Ressourcen dar. Deren Verknappung bei zugleich weltweit steigender Nachfrage und gesellschaftlichen Abhängigkeiten wird absehbar zu weiteren Kriegen um Öl und anderen Ressourcen führen, wenn diese Abhängigkeiten nicht schnellst möglich beendet werden. Wir verstehen den Umstieg auf Erneuerbare Energien und Ressourcen vor Eintritt der Verknappung somit auch als friedenspolitische Pflicht; auch angesichts des Klimawandels brauchen wir eine zu beschleunigende Energiewende. Ernteausfälle und der Anstieg des Meeresspiegels mit einer Vertreibung von heute geschätzt 140 Millionen Menschen bis 2050 verlangen entschiedenes Handeln zur Ablösung fossiler Ressourcen durch Erneuerbare Energien. Da von Atomenergie unbeherrschbare Risiken ausgehen und bis heute weltweit keine Endlager für hochradioaktive Abfälle geschaffen wurden, darf es zu keiner verlängerten Atomenergienutzung kommen und ist auch der europäische wie weltweite Atomausstieg unser Ziel.
Dr. Nina Scheer, SPD-Kreisvorsitzende Herzogtum Lauenburg
Frauke Eiben, Pröpstin Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg
Ines Mahnke, Geschäftsführerin Lebenshilfewerk Mölln-Hagenow gGmbH
Marcus Worm, Kreisvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, Herzogtum Lauenburg